Zusätzliches Risikomanagement für digitale dezentrale klinische Prüfungen oder Studien mit Medizinprodukten

Die Durchführung klinischer Studien hat sich durch den Einsatz digitaler Technologien erheblich verändert.

Vollständig digitalisierte klinische Studien bieten zahlreiche Vorteile, wie z.B. verbesserte Datenintegrität, effizientere Prozesse und Fehlervermeidungen. Sie sind insbesondere sehr gut geeignet in der Telemedizin, bei Digitalen Gesundheits- oder Pflegeanwendungen (DiGA oder DiPA), bei seltenen Erkrankungen, Erfassung von Endpunkten im häuslichen Bereich oder für Menschen, deren Mobilität eingeschränkt ist.

Dennoch gibt es auch spezifische Probleme und Risiken, die berücksichtigt werden müssen zusätzlich zu den ohnehin schon relevanten Gesetzen und Leitlinien für klinische Prüfungen oder Studien.

Probleme und Risiken bei komplett digital durchgeführten klinischen Studien

Die Verordnung (EU) 2017/745 (MDR), die Verordnung (EU) 2017/746 (IVDR), das Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG), die ISO 14155:2021-05 sowie die Leitlinien der EMA, insbesondere EMA/INS/GCP/856758/2018 und EMA/INS/GCP/112288/2023, Vorgaben der Medical Device Coordination Group (MDCG), zusätzlich zu weiteren internationalen oder nationalen Vorgaben, bieten einen Rahmen für die Bewältigung dieser Herausforderungen.

Nachfolgend finden Sie eine Übersicht von Aspekten, die bei einer klinischen Studie, die in Teilen, als hybride oder als komplett digitale klinische Studie (DDCT-MED®) durchgeführt werden kann, im Rahmen eines profunden Risikomanagements berücksichtigt werden sollten.

Spezifische Risiken in der Digitalisierung von klinischen Studien‍

1. Datenintegrität und -sicherheit

  • Datenverlust und -korruption: Digitale Systeme sind anfällig für technische Ausfälle, die zu Datenverlust oder -korruption führen können. Dies kann die Integrität der Studienergebnisse gefährden.
  • Cybersecurity-Bedrohungen: Klinische Daten sind ein attraktives Ziel für Cyberangriffe. Unzureichende Sicherheitsmaßnahmen können zu Datenlecks und unbefugtem Zugriff führen, wodurch die Vertraulichkeit, Verfügbarkeit, Authentizität und Integrität der Daten gefährdet sind.

2. Systemvalidierung und -wartung

  • Validierung: Die EMA-Leitlinien betonen die Notwendigkeit der Validierung von computergestützten Systemen, um sicherzustellen, dass sie zuverlässig und genau arbeiten. Unzureichende Validierung kann zu fehlerhaften Daten und unzuverlässigen Ergebnissen führen.
  • Wartung und Updates: Regelmäßige Wartung und Updates der Systeme sind erforderlich, um ihre Funktionalität und Sicherheit zu gewährleisten. Diese sollten so geschehen, dass sie nicht zu Unterbrechungen im Studienablauf führen.

3. Regulatorische Compliance

  • Einhaltung der Regulatorik: Die Einhaltung der regulatorischen Anforderungen ist komplex und erfordert umfassende Dokumentation und Nachweise. Ohne diese wird eine klinische Prüfung von den Behörden nicht genehmigt, bzw. kann auch abgebrochen werden. Für klinische Prüfungen im Rahmen von DDCT-MED® oder als hybride Studien muss entsprechend Verordnungen, Gesetzen und Leitlinien aus anderen vergleichbaren Bereichen gehandelt werden.
  • Prinzipien und Schlüsselkonzepte: Die grundlegenden Prinzipien der EMA-Vorgaben müssen für alle computerbasierten Systeme in klinischen Prüfungen und Studien umgesetzt werden zum Schutz von Patient:innen und des Gesamterfolgs eines solchen Vorhabens.‍

4. Datenmanagement und Archivierung

  • Langzeitarchivierung: Die regelmäßige und die langfristige Archivierung digitaler statischer und dynamischer Daten muss sicherstellen, dass die Daten jederzeit während der Studie und auch noch nach vielen Jahren zugänglich und lesbar sind. Dies erfordert robuste Archivierungsstrategien und regelmäßige Überprüfungen.
  • Datenintegration und -migration: Bei der Integration von Daten aus unterschiedlichen Quelldaten und später der Migration von Daten auf neue Systeme besteht das Risiko von Datenverlust oder -veränderung. Eine sorgfältige Planung und Validierung der Migration sind unerlässlich.

5. Training und Kompetenz der Mitarbeiter

  • Schulung und Training: Alle Mitarbeitendem müssen regelmäßig geschult und trainiert werden, um sicherzustellen, dass sie die digitalen Systeme korrekt und effizient nutzen können. Unzureichende Schulung kann zu Bedienungsfehlern, Datenproblemen und Krisensituationen führen.
  • Kompetenznachweise: Die EMA-Leitlinien fordern, dass Schulungen dokumentiert und die zusätzlich für solche Studienformen notwendigen Kompetenzen der Mitarbeitenden regelmäßig überprüft werden.

6. Patientenrekrutierung und -führung

  • Digitale Barrieren: Nicht alle Studienteilnehme haben Zugang zu oder sind vertraut mit digitalen Technologien. Dies kann prinzipiell die Rekrutierung und Bindung von Studienteilnehmern erschweren. Hierfür muss für bedarfsgerecht technische Unterstützung durch das Personal des digitalen Studienzentrum (DTC-MED®) gesorgt werden.
  • Datenschutzbedenken: Bedenken von Studienteilnehmenden und Aufsichtsbehörden muss so begegnet werden, dass alle Rechte der Betroffenen gemäß Verordnung (EU) 2016/679 (GDPR, DSGVO) geschützt werden, da insbesondere auch hochsensible Daten erfasst und verarbeitet werden.

Mehr Chancen durch Digitalisierung, wenn sie mindestens so gut wie "konventionelle" Lösungen sind

Die Durchführung vollständig digitalisierter klinischer Studien bietet viele Vorteile, bringt jedoch auch spezifische Herausforderungen und Risiken mit sich.

Eine sorgfältige Planung, umfassende Validierung der Systeme, regelmäßige Schulungen und strenge Einhaltung der regulatorischen Anforderungen sind entscheidend, um diese Risiken zu minimieren und die Integrität der Studienergebnisse zu gewährleisten.

Sie wünschen sich eine fachliche oder regulatorische Einordnung oder Unterstützung von der ersten Konzeption bis zur kompletten Durchführung? Nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf!

(Stand Frühjahr 2024)

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